Vom Weglassen

Geschichte vom Backen ohne Mehl 
und kleine Texte und Gebete.
Inspiriert von: 
CVJM-emotion Begrüßung (Christina Brudereck),
einem Votum nach Th. Hirsch-Hüffel,
"ohne dich" (Münchner Freiheit),

"let it be" (the Beatles) und 
"weg" (die fantastischen 4).

Geschrieben für den Zoom-G*ttesdienst Brot&Liebe
mit Geschichten vom Weglassen


Hinführung

was, wenn etwas weg bricht?
geht mein Herz dann auseinander
wird weit
und weiter?

was, wenn nur noch der Weg übrig bleibt
immer vorwärts
nie mehr zurück ?

und wenn das weg
auch noch wegfällt
was hab ich dann noch in mir
das hält
mich trägt?

einzig
ein  mehr
der Sehnsucht und
der Verheißung
schawappt mir sanft um die Füße
und flüstert

let it be
lass mal sein
uns
jetzt
hier
und lass mal los
lass mal gut sein
und genug.

 

Votum

und auch du vor deinem Bildschirm,
du hier in Gottes Zoomraum:

Was auch immer dir fehlt.
Wen oder was auch immer du vermisst.
Was auch immer offen ist in dir, in deinem Leben.
Was auch immer dich frei macht,
dir Raum schafft.

Sei Willkommen.
Genau so, wie du bist
bist du gut
und bist du genug:

G*tt ist da.
Sieht dich.
Liebt dich.
Genau jetzt.
Genau hier.
Genau so.

Amen.

 

Geschichte vom Backen

Ich habe einmal gelernt, dass das Geheimnis des Backens darin liegt, sich bei jedem Schritt ganz stringent an das Rezept zu halten. Denn das Weglassen oder Hinzufügen an Zeit oder Zutat führt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu, dass das Backwerk ganz anders aus dem Ofen kommt, als erhofft: zu süß, zu fad oder zusammengefallen. Wenn man beim Backen nicht genau nach Rezept geht, Schritt für Schritt, dann geht irgendetwas nicht auf – im Zweifel der Teig. Deshalb backe ich auch so gern zu zweit: Zutatenliste und Schrittfolge bieten die perfekt Grundlage für entspanntes, gemeinsames Tun und gute Gespräche.  

So war es damals mit J. Wir hatten uns zum Backen verabredet. Und das war unsere heilige Zeit, in der wir so richtig abschalten und uns einander zuwenden konnten. Ohne Lärm, ohne Fassade. Wir standen in der Küche ihres Elternhauses, um Brownies zu backen und machten es uns dort so richtig gemütlich. Legten unsere Lieblingsmusik in den CD-Player. Setzen Wasser auf für Tee mit Milch und einem Löffel Zucker. Wir holten Waage, Messbecher und Schüsseln aus den Schränken und unsere Freuden und Sorgen aus unseren Herzen hervor. Neben Holzlöffel und Mixer legten wir unsere Tränen und unser Lachen. Stellten alle Zutaten bereit und unsere Fragen: Nach dem Zuviel und dem Zuwenig im Leben und wie es wohl gelingen könnte. Und während wir sprachen über Gott und die Welt buken wir: Gaben Zucker zu weicher Butter. Schlugen die Eier auf. Rührten alles schaumig. Taten Vanille dazu, einen Teelöffel, und geschmolzene Schokolade. 200 Gramm. Wir rührten und redeten, lachten und weinten. Holten das letzte Jahr auf, in dem wir uns nicht gesehen hatten. Redeten über G*tt und wo wir ihn finden und er uns. Teilten unsere Verwundungen und unsere Liebe, träumten von einer gerechteren Welt und einer Kirche, die Platz für alle hat. Stellten fest, dass sich diese Lebensdinge eben meistens leider nicht so einfach backen lassen. Dann füllten wir das alles in eine Auflaufform und schoben es bei 160 Grad in den Ofen. Mit unserem Tee in der Hand standen wir da, blickten auf die braune Masse und genossen den wohligen Duft, der die Küche durchströmte. Das Gefühl von Zuhause und Angekommen sein füllte mein Herzen. Einen Moment lang standen wir so glücklich schweigend vor dem Ofen. Mehr gab es für uns nicht zu tun, als selig zu sein. Doch dann ahnten wir, dass wir etwas vergessen hatten. Wir schauten einander an uns beschlossen, noch einmal das Rezept durchzugehen: Butter, Eier, Zucker; Schokolade, Vanille, Natron und Mehl. Mehl. Wir hatten tatsächlich das Mehl vergessen!!! Und fragten uns jetzt, wie so um alles in der Welt aus der braunen klebrigen Masse, die dort im Ofen bereits ihre Konsistenz veränderte, jemals wenigstens so etwas in der Art wie Brownies werden sollten. Kurzerhand holten wir die Form aus dem Ofen, wogen das Mehl ab und gaben uns alle Mühe, es ohne Klumpen irgendwie unter die braune Masse zu bekommen. Mit etwas Stolz und großer Erleichterung stellten wir nach der Backzeit fest, dass das Ergebnis zumindest geschmacklich passabel war. Äußerlichkeiten spielten schon keine Rolle mehr. 

 Dass wir ausgerechnet das Mehl vergessen hatten. Diese eine, wichtige Zutat, welche das ganze Universum in sich trägt: Korn auf dem Feld, das sich zur Sonne streckt und im Wind wiegt. Das stirbt. Zu Staub wird. Um dann wieder erweckt zu werden zum Leben. In einer Küche in Belfast. In Backstuben und Öfen auf der ganzen Welt. So viel Geheimnis im Mehl. So viel Leben, so viel Zuversicht.

Ich stelle mir manchmal vor, wie G*tt sich das einmal ganz am Anfang genau so ausgedacht hat – das Rezept des Lebens. Wie sie in ihrer Küche stand und das Universum buk: Da fügte sie 3 Quäntchen Tränenglanz und 200g Fragen zusammen. Das verrührte sie mit lauter Liebe und Gerechtigkeit. Dann gab sie mit einem Lächeln ihr leises Auferstehn dazu, bis diese eine Zutat den ganzen Teig durchwirkt hatte – alles Leben, alles Sterben. Mit Freudenglanz in den Augen und Zuversicht im Herzen schob sie alles in den Ofen. Dann wischte sie die Hände an der Schürze ab und wartete. Trank eine Tasse Tee mit Milch und Zucker. Mehr gab es im Moment nicht für sie zu tun. Als der Kuchen aufgegangen war holte sie ihn aus dem Ofen. Sie streute kandierte Vergissmeinnnicht darüber und freute sich – denn sie sah mit Gewissheit und etwas Stolz, dass das Ergebnis  sehr gut war und für die Ewigkeit reichen würde.

 

Hinführung zum Abendmahl

das, was will, bist du G*tt:
dein immerda
deine große Liebe
ohne Grund
ohne Ende

dass sie auch für mich reicht
ist was ich will, G*tt
für mich mit meinen Brüchen und Kanten
mit meiner verrutschten Krone und
meinem Zuviel und meinem Zuwenig

was ich will bist du, G*tt
und nein
ohne dich
schlaf ich euch heut Nacht nicht ein
und keine Nacht, die da noch über mich kommt
durchwache ich ohne dich
denn du bist mit mir
an den Klippen und Kanten meines Lebens

wenn auch Berge weichen und Hügel hinfallen
wenn der Boden wegbricht
unter meinen Füßen
oder ein Teil meines Herzens
bleibst du da, G*tt
und ich bin niemals
allein, allein
denn du bis ja da,
da
in all den Geschichten dieser Welt
auch in meiner
bist im Krumen und im Brot,
im Saft und im Wein

Hört, was Jesus tat:

(Einsetzungsworte)

 
 
© Andrea Kuhla

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