Einer meiner Sehnsuchtsorte ist die Nordseeinsel Langeoog. Ich bin hier so gern, gehe am Strand spazieren und lassen mir den Wind um Nase und Ohren pusten. Für mich könnte es gar nicht windig und regnerisch genug sein – ich liebe das! 

Bei einem meiner Strandspaziergänge war mein Kopf schon auf ROT für das nächste PlayingArts-Seminar eingestellt. Überall entdeckte ich rote Sachen. So wie dieses Stück rote Schnur, das wahrscheinlich von einem alten Fischernetz stammt. Wenn ich so inspiriert bin, dann muss ich immer gleich anfangen zu schreiben. Dabei ist dieser Text entstanden:

Neulich, am Meer, hab ich meinen roten Faden gefunden. 

Die kalte Luft war rau und schmeckte nach Salz. 

Dichter Nebel kroch mir unter die Haut, 

schlich durch die nahtlosen Ritzen meiner Kleider,

drang in die Poren meines klammen Seins.

Da hab ich ihn gefunden.

Er war ein kurzes Stück lang nur.

An seinen Enden ausgefranzt.

Rot leuchte er mir durch diesiges Grau entgegen,

und ich nahm ihn auf.

Neulich, am Meer, hab ich meinen roten Faden gefunden.

Kratzig lag er mir auf der Hand, dick und fest.

Ich hatte ihn verloren geglaubt,

und lag er hier 

mir nichts, dir nichts im Sande herum.

Wo bist du nur gewesen? Hab ich ihn gefragt.

Einmal, da hab ich Netze eingeholt, sagte er.

Und Boote vertäut, die übers Meer kamen, von weit her.

Einst knüpfte ein Seebär unzählige Knoten in mich,

und genau so viele löste eine silbrige Meerjungfrau.

Mit Muscheln hab ich geplaudert 

und zuckersüßen Tee mit Kraken getrunken.

Und du? fragte der Faden.

Welche Liebe ist längst ausgefranzt? 

Und ist das schlimm oder einfach Leben?

Was hat dein Herz verknotet, 

wer deine Seele gewärmt?

Welche Träume haben dich gefunden? 

Und welche Farben hat dein Himmel?

Was darf bleiben, was geht vorüber?

Am Meer hab ich meinen roten Faden gefunden.

Als der Wind durch meine Nase blies,

Und meine Schritte im Nebel verschwanden.

Als tosendtobende Rauschewellen meine Sorgen verschluckten,

Und die Gischt meine Füße mit Wolkenschaum umspülte.

Da fand ich ihn.

Meinen roten Faden.

Und nahm ihn mit nach Haus.