Himmelskind

Als Felix 8 Tage vor seinem errechneten Geburtstermin plötzlich in meinem Bauch starb, wurde meine schlimmste Angst Wirklichkeit: Unser Kind war tot. 

 

Mein Herz zersprang in tausend Stücke und mein Leben brach entzwei. Von diesem Augenblick war es in zwei Teile, zwei Zeiten unterteilt: Vor Felix und nach Felix. Und dazwischen klaffte eine riesige, blutende Lücke. 

 

Ich brauchte so sehr ein Hilfswort – zum Trösten und Festhalten, zum über Felix Reden und davon Erzählen, wie sich sein Tod für mich anfühlt. Weder „Stern“, noch „Schmetterling“ oder „Engel“ waren so ein Wort für mich. Besonderes am Anfang wollten viele Menschen mich mit mindestens einem dieser Worte trösten – es half mir nicht. Diese gutgemeinten Worte waren nicht meine und es machte mich wütend, wann immer mir gegenüber jemand wie selbstverständlich davon ausging, sie würden mir helfen. Ich hatte das starke Bedürfnis, mich davon abzugrenzen: Wenn ich über Felix sprach, war er immer einfach mein Sohn, der jetzt bei Gott lebt. 

 

Die Felix-Lücke ist immer noch da und sie ist immer noch groß. Aber Gott (und treuen Freunden und lang andauernder, harter Arbeit) sei Dank klafft sie nicht mehr wie eine offene Wunde. Sie hat sich verändert – gehört jetzt zu mir, ich hege und pflege sie, gieße sie nicht mehr nur mit Tränen, sondern auch mit Leichtigkeit und Leben.

 

Inzwischen habe ich verstanden – glaube ich – welche Hilfe andere verwaiste Eltern in den Worten „Stern“, „Schmetterling“ und „Engel“ finden, wenn sie von ihrem verstorbenen Kind sprechen. Und jetzt, nach mehr als vier Jahren, habe ich endlich mein Felix-Wort gefunden, das mir hilft und mich tröstet: Himmelskind.

 

Himmelskind – 

bist dieser Welt entpuppt

und deinem Zuhause in mir.

Hinter meinem Tränenschleier

ist deine Seele 

in ein neues Kleid geschlüpft:

Gewebt aus Freiheit und Geborgensein.

Dort flattern Schmetterlinge um die Wette 

und lassen sich zur Rast

auf deiner Nasenspitze nieder.

 

Himmelskind –

Bist wie ein Stern weit oben.

An einem anderen Ort,

in einem nächsten Jetzt.

Und ich ahne,

weil du bei uns warst,

dass dort Leben ist

und Leuchten. 

In meinen dunklen Stunden

glänzt es auf.


Himmelskind –

wohnst, wo die Engel sind.

Lachst und spielst

und fliegst huckepack

auf Schwingen durch die Wolken.

Federn kitzeln deine Füße im Wind

und sorglos weißt du: 

Bis wir uns wiedersehn

vergeht nicht eine Ewigkeit,

bloß ein Flügelschlag.